
Es hat etwas von einem Landarzt, wenn Heinrich Jung in Ingelheim am Rhein in sein Elektrofahrzeug, das an eine etwas größere, modernere Ape erinnert, steigt und zu seinen Hausbesuchen aufbricht. Doch seine Patienten sind nicht aus Fleisch und Blut, sondern bestehen aus Edelstahl, Kunststoff und Elektronik. Heinrich Jung repariert Elektrogeräte, vor allem die, die eigentlich ausgedient hätten und die viele Menschen wegschmeißen würden. In Deutschland produziert jeder Bürger pro Jahr rund 10,8 kg Elektroschrott. Für Heinrich Jung ein Unding:
„Wenn ein Elektrogerät oder ein Auto oder ein Haus schon so und so alt geworden ist, dann hat es doch bewiesen, dass es so und so alt werden kann. Das heißt, die Konstruktion hat schon mal bewiesen, dass sie was taugt. Und so ein Gerät wegzuschmeißen, das wäre dumm.“, sagt er in einem Interview mit dem SWR.
Deshalb repariert er, was das Zeug hält. Entweder direkt bei den Kunden vor Ort oder in seiner Werkstatt. Bereits 1983 gründet er seine Firma Blitzblume. Blitz steht dabei für den Elektroberuf und Blumen für die Ökologie, wie er in der liebenswürdigen Reportage dem SWR erklärt.
Denn er ist in einer Zeit aufgewachsen, in der es normal war, erst mal zu versuchen, Dinge zu reparieren. Dieses Wertesystem will er erhalten und an andere Menschen weitergeben. Einmal um den ökologischen Fußabdruck eines jeden so gering wie möglich zu halten, zum anderen, um die Wertschätzung der Dinge wieder zu steigern. Zu diesem Zweck hat er in Ingelheim ein RepairCafé mitgegründet. Dort schaut er sich zusammen mit seinen Kunden kaputte Geräte an und zeigt ihnen, wie man sie repariert. Das Ganze komplett kostenlos. Denn es ist für ihn eine Herzensangelegenheit und reparieren zudem seine absolute Leidenschaft:
„Es ist immer wieder dieses Tüftlergen. Dieses „du hast du so etwas schon mal gesehen? Was könnte das denn noch sein?“. Das macht einfach Laune, das ist aphrodisierend.“
Und das kommt an. Er kann sich vor Aufträgen kaum retten. Damit seine Kunden ihre kaputten Geräte auch noch nach Feierabend bei ihm loswerden können, hat er an seiner Werkstatt eine Art Babyklappe eingerichtet, in der sie diese Dinge hinterlegen können. Am nächsten Morgen schaut Heinrich Jung nach, was ihm über Nacht gebracht wurde, und versucht, die Dinge wieder ans Laufen zu bekommen. So hat er in über drei Jahrzehnte mehr als 13.000 Waschmaschinen, 7.400 Geschirrspüler, 2.000 Trocknern, 1.000 Kühlschränken und rund 400 Staubsaugern neues Leben eingehaucht, die sonst achtlos im Restmüll oder der Verschrottung landen. In unseren Augen ein wahrer Zero-Waste-Held.
Wer ist in Euren Augen und Eurem Umfeld ein Zero-Waste-Held? Teilt es der Person mit! Nominiert Eure Reparatur-Helden, Restmüllverweigerer oder Doppelseiten-Beschrifter*innen. Wir haben rührende Antworten und Reaktionen auf unsere Dankesbriefe an diese Personen erhalten. Wenn ihr uns über redaktion@zerowastegermany.de erklärt, was euren Menschen ausmacht, nehmen wir euren Vorschlag gerne in einem der nächsten Newsletter auf. Wir freuen uns auf eure Einsendungen.