Die dänische Ostseeinsel sagt der Klimakrise den Kampf an und setzt sich große Ziele: Bornholm will bis 2032 komplett abfallfrei sein. „Wir streben an, bis 2032 alles wiederzuverwenden oder zu recyceln“, erklärt Jens Hjul-Nielsen bereits 2019 in einem Interview mit National Geographic. Er ist Geschäftsführer von BOFA, dem Müllentsorgungsunternehmen der Insel und der Visionär hinter dem Zero-Waste-Projekt. Auch die Verbrennungsanlage soll verschwinden – dort, wo sich aktuell die Mülldeponie befindet, ist ein grüner Spazierweg geplant, erklärt Jesper Preuss Justesen, Leiter der Abteilung Umwelt bei BOFA, in einem aktuellen RTL-YouTube-Film.
„Die Welt brennt. Wir verbrauchen zu viel, und so können wir nicht weitermachen. Deshalb müssen wir anfangen, die Dinge, die wir haben, wiederzuverwenden“, sagt er weiter.
Um die Vision 2032 zu erreichen, wie das Vorhaben auf der Webseite der BOFA genannt wird, setzt die Insel auf mehrere Säulen: Recycling und Müllvermeidung. Was zunächst nicht besonders innovativ klingt, entpuppt sich beim Blick hinter die Kulissen als überraschend. Auf der Bornholmer Deponie wird der Abfall laut RTL in 72 Fraktionen getrennt, und jedes Jahr kommt eine weitere hinzu. Aktuell können bereits rund 70 Prozent der Abfälle wiederaufbereitet werden.
Die Bürger*innen Bornholms müssen ihren Müll zu Hause in 12 Fraktionen trennen und nutzen dafür mehrfach unterteilte Mülltonnen: Bioabfall, Restmüll, Papier, Pappe, Glas, Plastik, Metall, Textilien, Lebensmittel- und Getränkekartons, gefährlicher Abfall, Batterien und Kleinelektronik. Wer falsch trennt, bekommt eine Benachrichtigung von der Müllabfuhr in den Briefkasten – und die Mülltonne wird nicht geleert. Zusätzlich müssen viele Bornholmer*innen Bau- und Renovierungsabfälle selbst zu Recyclinghöfen bringen.
Die kleinteilige Mülltrennung erhöht allerdings auch die Entsorgungskosten. Zwar erhält Bornholm Fördermittel von der EU, doch diese reichen nicht aus. So müssen die Insulaner*innen tiefer in die Tasche greifen: Die Müllgebühren sind für jeden Haushalt um 50 Prozent gestiegen – auf umgerechnet rund 700 Euro im Jahr.
Doch ohne die Mitarbeit aller funktioniert das Konzept nicht. Um die Bornholmer*innen von der Vision 2032 zu überzeugen, setzt die Gemeinde bei den Kleinsten an:
„Wir bringen den Kindern auf Bornholm schon in der Schule bei, warum es so wichtig ist, den Müll zu trennen, und so konnten wir schon oft beobachten, dass die Kinder es dann ihren Eltern zu Hause beibringen“, erklärt Bürgermeister Jacob Trøst im RTL-Interview.
Gerade bei der zweiten Säule der Vision 2032 – der Müllvermeidung – sind die Bürger*innen gefragt. Es gibt viele verschiedene Projekte auf der Insel, zum Beispiel eine Unverpackt-Station im größten Supermarkt der Hauptstadt Rønne. Dort können Kund*innen Lebensmittel wie Hülsenfrüchte oder Nudeln in wiederverwendbare Behälter füllen und anschließend den restlichen Einkauf erledigen. Am Ende wird alles gemeinsam an der Supermarktkasse bezahlt.
Außerdem gibt es einen Re-Use-Shop und verschiedene Möglichkeiten, Dinge untereinander zu tauschen. So organisieren sich die Inselbewohner*innen eigenständig, wodurch etwa Sharing-Stationen für Fahrräder und Werkzeuge entstanden sind. Ein Drittel der Einwohnerinnen ist in einer Facebook-Gruppe aktiv, über die getauscht wird.
In sieben Jahren will Bornholm es geschafft haben, müllfrei zu sein. Wir bleiben dran und drücken die Daumen.