München bekommt die erste Fassade aus recyceltem Plastik

Im Münchener Werksviertel entsteht ein Bauprojekt mit Vorbildcharakter: Erstmals wird in Deutschland die Fassade eines Bürogebäudes teilweise aus recyceltem Kunststoff gefertigt. Damit setzt das Bauvorhaben neue Maßstäbe in Sachen nachhaltiger Architektur.

Das Projekt trägt den Namen Monaco und wird vom Rotterdamer Architekturbüro MVRDV entworfen. Auf einem Drittel der Fassade kommen rund 20.000 Plastikschindeln in verschiedenen Blau- und Lilatönen zum Einsatz. Die übrige Hülle des Gebäudes wird aus etwa 60.000 wiederverwendeten Klinkersteinen bestehen. Mit dem Bau wurde im April begonnen, die Fertigstellung ist für das Jahr 2027 geplant.

Für den Projektentwickler Rock Capital Group ist der Einsatz des Recyclingmaterials mehr als nur ein gestalterisches Element. Geschäftsführer Andreas Wißmeier betont im Interview mit dem Handelsblatt: „Das ist ein klares Bekenntnis zur Cradle-to-Cradle-Philosophie.“

Wißmeier sieht in der Verwendung von Plastikschindeln einen bewussten Umgang mit Ressourcen: „Viele Materialien sind zu wertvoll, um sie einfach zu entsorgen. Sie verdienen ein zweites Leben.“

Die Umsetzung war nicht ganz einfach: Besonders die Einhaltung der deutschen Bauvorschriften stellte das Projektteam vor Herausforderungen. Dennoch ist es gelungen, Recyclingmaterial sichtbar und funktional in ein modernes Gebäude zu integrieren – und damit ein Zeichen für nachhaltige Stadtentwicklung zu setzen.

Das kann München auch brauchen, denn in Sachen Recycling ist noch viel Luft nach oben:

Denn in Bayerns Hauptstadt wird viel zu wenig Plastik tatsächlich recycelt. Die Stadt setzt auf Wertstoffinseln statt auf gelbe Tonnen mit Abholsystem – eine Hürde für viele Bürgerinnen und Bürger. Die Folge: Viel Kunststoff landet im Restmüll und wird verbrannt.

Es wird sich zeigen, ob dieses Leuchtturmprojekt einen echten Systemwandel einläutet oder doch nur ein Scheinprojekt ist, das davon ablenken soll, dass das Gesamtsystem nicht effizient genug funktioniert. Nur ein Bruchteil des in München anfallenden Kunststoffabfalls wird überhaupt stofflich verwertet. Experten kritisieren außerdem, dass die Fassade zwar bereits recyceltes Material nutzt, doch an der Wurzel – also bei der Vermeidung von Einwegplastik und schlecht recycelbaren Verpackungen – das Projekt nicht ansetzt. Dabei hätte die Stadt mit unserem Mitgliedsverein Zero Waste München einen erstklassigen Ansprechpartner.

Trotzdem kann man zusammenfassend sagen, dass „Monaco“ ein innovativer Schritt mit Symbolkraft ist. Doch damit solche Projekte echte Kreislauflösungen darstellen, braucht es zugleich ein starkes, funktionierendes Recyclingsystem – und deutlich mehr Anstrengung bei der Abfallvermeidung. Andernfalls bleibt die Plastikfassade eher Fassade als Fundament einer echten Zero-Waste-Zukunft.