Zero Waste Erfahrungsberichte von Maßnahmen auf Großveranstaltungen – Pressemitteilung von Zero Waste Germany e.V.

Werstoffinsel am Tanzbrunnen in Köln während der UEFA EM2024
Werstoffinsel am Tanzbrunnen in Köln während der UEFA EM2024

Berlin, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, 15. Juli 2024 – Nach dem Ende der UEFA EURO 2024 präsentiert der Umweltverband Zero Waste Germany e.V. seine Bewertung der Abfallvermeidungs-maßnahmen, die während des Fußballturniers in verschiedenen Städten umgesetzt wurden. Diese Europameisterschaft wurde als die „nachhaltigste Europameisterschaft“ angekündigt, und die Mitgliedsvereine haben das als Anlass genommen, die verschiedenen Initiativen zur Abfallvermeidung und Nachhaltigkeit vor Ort genau unter die Lupe zu nehmen.

Erfolge und Herausforderungen

Wir freuen uns, einige positive Maßnahmen hervorheben zu können, die zur Reduzierung des Abfallaufkommens beigetragen haben. Hier sind einige der wichtigsten Initiativen:

  • Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung: Die meisten Städte setzten auf Mehrweggeschirr. Doch die Rückgabe funktionierte nicht überall reibungslos. Mancherorts wurden die Mehrweg-Getränkebecher sogar extra für die Euro 2024 bedruckt und können nun nach der Europameisterschaft wohl entsorgt werden, da sie auf anderen Veranstaltungen nicht eingesetzt werden dürfen. Zudem hörten die meisten Maßnahmen am Zaun der Fanzonen auf. Am Rande der Fanzonen feierten die Fans mit Einwegbechern und produzierten unnötige Müllberge. Niemand sieht sich hier in der Verantwortung.
  • Trinkwasserspender: Frankfurt und Berlin konnten als einzige getestete Städte die Trinkwasser-Brunnen erwartungsgemäß umsetzen. In anderen Städten waren leider die Trinkwasserspender außerhalb der Fanzonen stationiert oder das Mitbringen von Mehrwegflaschen verboten.


Persönliche Erfahrungsberichte

Ein Erfahrungsbericht von Meike aus Köln zeigt auf, wie die Maßnahmen zur Mülltrennung und Abfallvermeidung vor Ort umgesetzt wurden:

  • „Beim Besuch in Düsseldorf und in Köln, egal ob im Stadion oder Fanzone, fällt sofort auf: Vor den Absperrungen zur Taschenkontrolle stehen meistens zwar große Mülltonnen, dort wird jedoch keine Abfalltrennung angeboten. Pfandflaschen, Glasflaschen, Plastikverpackungen, Nahrungsmittel, Textilien sowie Elektroschrott, wie E-Zigaretten, wurden zusammen entsorgt, was eine Rückführung ins Recycling praktisch unmöglich macht. Obwohl Gastronomen die Mehrweg-Konzepte gut umsetzten, landeten wertvolle Mehrwegbehältnisse für Speisen und Getränke nicht selten im Restmüll, da Rückgabestationen schlecht beschildert oder weit entfernt waren. Einweglösungen aus Papier waren ebenfalls weit verbreitet und landeten häufig im Restmüll, da nicht klar war, ob saubere bzw. verunreinigte Papierbehälter recycelt werden können. Ansprechpartnerinnen vor Ort haben wir nicht vorgetroffen.“

Joana aus Berlin teilte ihre Eindrücke vom Olympiastadion in Berlin:

  • „Mitgebrachte Trinkflaschen, egal welchen Materials, mussten am Eingang entsorgt werden, und es gab keine kostenlosen Trinkwasserspender auf dem Stadiongelände. Lediglich auf den Toiletten konnte man sich theoretisch Wasser abfüllen. Im Berliner Stadion standen große graue Tonnen für den gesamten Müll, während in der Fan Zone Mülltonnen für Restmüll, Plastik, Papier und sogar Essensreste bereitgestellt wurden. Sponsoren verteilten gebrandete nutzlose Plastik-Sonnenbrillen und Plastik-Fächer, die in Plastiktüten verpackt waren – ein klares Zeichen für den Bedarf an mehr Nachhaltigkeit und Konsistenz gegenüber Sponsoren.“

Obwohl die Stadt Köln beispielsweise vereinzelt sogenannte Wertstoffinseln zur getrennten Wertstofferfassung einrichtete, wurde viel Potential bei der Maßnahme auf der Strecke gelassen. Hinweisschilder fehlten, Beschriftungen waren unzulänglich und die Standorte der Inseln waren selbst den Mitarbeitern und dem Ordnungsamt vor Ort unbekannt. Michael und Meike blieben hartnäckig, befragten immer wieder das Personal oder Gäste und waren erst nach 45 Minuten am Kölner Tanzbrunnen fündig. Definitiv sollte die Kommunikation und Schulung von Volunteers hinsichtlich nachhaltiger Maßnahmen weiter intensiviert werden, um eine noch größere Wirkung bei der Ressourcenschonung zu erzielen. 

Vorwurf des Greenwashings

Manch angekündigte Maßnahmen wurden von keinem der Testbesucher:innen vorgefunden oder waren unserer Meinung nach unzureichend umgesetzt:

  1. Brunnen-Standorte ganz außen am Gelände (z.B. Köln Heumarkt)
  2. Taschenkontrollen mit dem Verbot der Mitnahme von Trinkflaschen (überall)

Gleichlautende Maßnahmen wurden teilweise mehrfach aufgelistet, zum Beispiel:

  • 32. RE- BZW. UPCYCLING Wir nutzen die verwendeten Materialien des City Dressing Programms und der Werbemaßnahmen für Sponsoren umfangreich und innovativ weiter.
  • 48. NACHNUTZUNG DER ANFALLENDEN DRESSING-MATERIALIEN Wir forcieren die mehrmalige Nutzung von Dressing-Materialien wie Fahnen – u. a. durch Upcycling-Maßnahmen.
  • 52. DIGITALES HOST CITY DRESSING Wir setzen primär auf digitale Werbeträger und vermeiden so eine große Menge Abfall. Die eingesetzten analogen Werbeträger wie Flaggen werden nach dem Turnier in Kooperation mit dem sozialökologischen Werkstattprojekt mittendrin! zu Taschen upgecycelt.
  • 59. ABFALLVERMEIDUNG Wir sehen eine umfangreiche Nachnutzung von Host-City-Dressing-Materialien (z. B. Fahnen) vor.
  • 68. ABFALLVERMEIDUNG Wir werden alle anfallenden Dressing-Materialien in eine Nachnutzung – zum Teil sogar durch die eigenen städtischen Einrichtungen und Werkstätten – überführen.

Aus unserer Sicht wurden teilweise die gesetzlichen Mindestanforderungen zur getrennten Erfassung und Entsorgung folgender Fraktionen Papier, Pappe und Karton, Glas, Kunststoffe, Bioabfälle laut Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) nicht immer oder nicht korrekt eingehalten. Es sei denn, es wurde im Nachgang nachsortiert. Das können wir jedoch nicht einsehen. Vor Ort patrouillierten Mitarbeitende des Ordnungsamte zwar entlang der Veranstaltungsflächen, ignorierten hier aber sämtliche Ordnungswidrigkeiten.

Aktionseinladung zum Mitmachen 

Zero Waste Germany hat auf ihrer Webseite eine Datenbank von persönlichen Empfehlungen und Erfahrungsberichten gestartet, die unter https://www.zerowastegermany.de/massnahmen eingesehen werden können. Jede Maßnahme für Abfallvermeidungs auf Großveranstaltungen wird dort mit Fotobeispiel, Standort und Einschätzung, was gut funktioniert und was noch besser gemacht werden kann, bewertet. Die Praxisberichte können nach Stadt, Jahr, Veranstaltung und erreichten Stufe in der Abfallhierarchie gefiltert werden und werden redaktionell aufbereitet.

Umweltinteressierte Besucher:innen von Großveranstaltungen können ihre Fotos und eigenen Erfahrungsberichte per E-Mail einreichen. Ob vom EM-Finale oder einer anderen Großveranstaltung in ihrer Stadt. 

Die Adresse lautet: massnahmen@zerowastegermany.de

Ausblick auf weitere Großveranstaltungen

Der Zero Waste Germany e.V. appelliert an zukünftige Veranstalter großer Sportereignisse, die gesammelten Erfahrungen und bewährten Verfahren zu übernehmen und weiterzuentwickeln. Als nächstes planen die Umweltschützer:innen den Christopher Street Day in Köln bezüglich seiner Ressourcenschonung zu begutachten. Eine detaillierte Analyse und spezifische Empfehlungen kann man auch auf Zero Waste Germany Website entnehmen. Desweiteren empfehlen der Umweltverband allen Veranstaltungsplaner:innen den Ratgeber “Abfallarme Großveranstaltungen”, herausgegeben von der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz und der Berliner Stadtreinigungsbetriebe AöR. 

Link: https://www.abfallarmeveranstaltungen-berlin.de/

Für weitere Informationen und detaillierte Auswertungen kontaktieren Sie bitte unseren Pressesprecher.

Ansprechpartner für die Presse:
Michael Cieslik
Vorstandsmitglied
Zero Waste Germany e.V.
E-Mail: presse@zerowastegermany.de
Website: https://www.zerowastegermany.de
Telefon: +49 177 3302711

Über den Umweltverband: Zero Waste Germany e.V. ist eine gemeinnützige Organisation, die sich für Abfallvermeidung, Recycling und nachhaltigen Konsum einsetzt. Unser Ziel ist es, durch Aufklärung und konkrete Maßnahmen die Abfallproduktion in Deutschland zu reduzieren und eine Kreislaufwirtschaft zu fördern.